
Lasst uns lernen!
Die Kambaata & ihre Handwerksfamilien
Angehörige der Töpfer- und Gerberfamilien sind in der Kambaata-Gesellschaft – wie auch in anderen Gesellschaften – traditionell marginalisiert. Obwohl ihre handwerklichen Produkte für die Bauern lebenswichtig sind und sie unverzichtbare rituelle Funktionen (z. B. bei Begräbnisritualen) innehaben, nehmen sie in der Kambaata-Gesellschaft den niedrigsten sozialen Rang ein. Wenngleich der Begriff fuga von Angehörigen dieser Handwerksfamilien als abwertend empfunden wird, dient dieser Begriff noch heute sowohl den Bauern und Bäuerinnen als auch anderer Statusgruppen außerhalb der Kambaata-Gesellschaft als Bezeichnung für Töpferinnen und Gerber der Kambaata. Um Diskriminierung zu vermeiden, sollten diese Gruppen entsprechend ihrer traditionellen Berufe bezeichnet werden.


Die Handwerksfamilien der Kambaata sind noch heute aus der bäuerlichen Gemeinschaft ausgegrenzt und leben außerhalb oder am Rand des Dorfes. Viele Bauern hegen tradierte Vorurteile über die Töpferfamilien, die ihrer Meinung nach stetig auf der Suche nach Essen oder Essensresten seien, dieses verschwenderisch und ohne Rücksicht auf Speisegebote konsumierten und nichts für morgen aufsparten. Sie gelten aufgrund ihrer Arbeiten und Essgewohnheiten als unrein. Ihren Status erhalten sie mit der Geburt („sie haben es in ihrem Blut“); eine offizielle Statusänderung innerhalb der Dorfgemeinschaft war und ist bisher absolut unmöglich. Noch heute nehmen die Töpfer- oder Gerberfamilien nur begrenzt am gesellschaftlichen Leben teil. Die alten Traditionen, z. B. dass sie die Häuser der Bauernfamilien nicht betreten oder nicht an einem Tisch mit ihnen essen durften, sitzen tief.
Noch heute findet wenig Interaktion statt, Ehen zwischen diesen beiden Statusgruppen gibt es nicht. Falls sie doch auf bäuerlichen Festivitäten erscheinen, als Helferinnen oder um Essensreste abzuholen, bleiben sie kaum sichtbar im Hintergrund. Sie bekommen meist Essensreste auf zerbrochenem Geschirr serviert und oder auf extra hierfür bereitgestelltem fuga-Geschirr.
Die Handwerksfamilien sind die weit ärmsten Mitglieder der Dorfgemeinschaft. Sie leben in einfachsten Behausungen, haben kaum richtige Kleidung, verwenden fast ihr gesamtes Einkommen für Lebensmittel und können ihre Kinder nicht in die Schule schicken. Dennoch sollten sie nicht auf ihren marginalisierten Status reduziert werden. Denn auch sie haben ihre eigene Geschichte, ihre Clan-Systeme und ihre ganz eigene Kultur. Trotz ihres krass untergeordneten sozialen Status herrscht heute eine freundliche Atmosphäre zwischen ihnen und der bäuerlichen Dorfgemeinschaft.
